Wir bieten Vielfalt einen Ort.

Bezirksübergreifend Beats bauen – ein Erlebnisbericht

Medientag des 9. Jahrgangs der Herbert-Hoover-Schule in der Heinrich-Schulz-Bibliothek

Der Richard-Wagner-Platz ist nicht gerade um die Ecke. Trotzdem nehmen 29 Schüler*innen und drei Begleitpersonen der Weddinger Herbert-Hoover-Schule den Weg zur Charlottenburger Hauptbibliothek auf sich. Die Schüler*innen konnten zum Medientag aus vier Projekten mit digitalen Medien auswählen, darunter auch unser Angebot: Hip Hop Beats bauen an iPads und am Musik-Makerspace „m3“. Organisiert wurde der Medientag vom Projekt „Digitales Lernen Berlin“, gefördert vom Quartiersmanagement Pankstraße und aus Mitteln des Projekts „Digitale Welten“ im Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlin (VÖBB).

Viele der Jugendlichen waren noch nie in einer Bibliothek. Das Interesse steigt, als wir – solange Musik-Trainer Jamal im Gruppenraum noch letzte Feinschliffe am Equipment vornimmt – den mobilen Musik-Makerspace „m3“ vorstellen. Eine solche Technikpracht haben die Schüler*innen hier nicht erwartet. Die Ersten ziehen sich sofort die Kopfhörer auf, drücken die Tasten und wippen schon mit.

Für den Tag sind eine Input-Einheit zum Bauen von Hip Hop Beats mit Native Instruments „Maschine“ geplant, zwei Arbeitsphasen in kleinen Gruppen an iPads und m3 sowie eine Schlusspräsentation der Ergebnisse, dazwischen Pausen. Dass sich der Ablauf etwas anders gestaltet, ist nach noch nicht mal fünf Minuten, in denen sich unsere beiden m3-Experten Jamal und Denio vorstellen, klar.
Die Gruppe ist aufgeregt. In dieser Konstellation, zusammengemischt aus verschiedenen Klassen, kommen sie zum ersten Mal zusammen. Der neue Ort und ein nicht einzuordnendes Angebot in einem „Bücherstall“ tun ihr Übriges. Jamal zeigt über Beamer und Boxen die ersten Schritte am iPad mit der App „iMaschine“: Beats per Minute einstellen. Wann kommt die Snare? Auf 2 und 4. Wann kommt die Kick? Wie ist es beim Trap? Den Rhythmus kriegen sie schon hin. Die Input-Einheit wird verkürzt auf knapp zehn Minuten – nennen wir es Tatendrang – und los geht’s! Einige können an die Stationen des m3, Wilma und Charlotte, um dort mit „Maschine“ zu basteln. Andere bekommen in Zweier oder Dreier-Gruppen iPads und Kopfhörer ausgeteilt. Die Kleingruppen verteilen sich in der Bibliothek.

 

Beats bauen am m3

Jamal, Denio und ich gehen umher und unterstützen. Einige sind sofort in ihrem Element, bewegen sich intuitiv durch die Auswahlmöglichkeiten an Sounds in der englischsprachigen App und Software. Andere wirken verloren, haben nichts mitbekommen von dem Input und müssen ermuntert werden. Das fällt nicht schwer. Rhythmische und gut klingende Ergebnisse sind mit der App schnell zu erzielen. Diejenigen, die an den m3 Stationen arbeiten, fangen schon an, in die Mikrofone zu rappen.

Nach zwei Stunden ohne Pause, um den kreativen Flow nicht zu stören, sammeln wir die Gruppen wieder ein. Die Bibliothek hat mittlerweile geöffnet, das geräuschlose Musizieren mit Kopfhörern war, wie erwartet, nicht ganz so geräuschlos. Aber wir befinden uns nun mal auch in einer Musikbibliothek, kleine Live-Erlebnisse müssen da drin sein.

Zwei musizieren am iPad

Jamal zeigt, wie die erstellten Spuren abschließend arrangiert werden, Denio übernimmt unterdessen das Arrangement am m3. Gerade die Schüler*innen, die dort gearbeitet haben, sind sehr interessiert daran, ihre Ergebnisse zu präsentieren. Im Verlauf des Tages entstanden knapp acht kleine Songs. Ein Schüler versucht, vorgefertigte Samples unterzujubeln, wird aber aufgrund der gängigen Bezeichnung des Samples „erwischt“. Er nimmt es mit Humor und erhält Tipps, wie man denn besser schummeln könnte.

Bevor Jamal mit der Präsentation beginnt, spricht er ein – gerade für die Schüler*innen – wichtiges Thema an. Er fragt nach den Elementen des Hip Hop: DJ-ing, also die Technik und Kunst des Plattenauflegens, MC-ing, der/die rappende oder beatboxende Künstler*in, Breakdance und Graffiti. Und ein fünftes Element, das Wichtigste: Respekt. Jamal geht kurz auf die Entstehung des Hip Hop in Problembezirken ein. Richtige Ghettos, betont er, wo es lebensgefährlich war bzw. ist. Die Hip Hop Kultur sollte und soll Menschen zusammenbringen, Verbindung über die Musik schaffen. Die Überleitung zur Respekt-Haltung gegenüber den Werken der Mitschüler*innen versteht sich von selbst: „Ihr wollt, dass andere zuhören, wenn wir euren Track hören, also hört auch den anderen zu!“

Die Ergebnisse überraschen sogar unsere Trainer. Die Begeisterung am Ende jeden Tracks ist groß, Jubel und Applaus laut. Das müssen die draußen in der Bibliothek jetzt mal aushalten. Verschiedene Stile haben sich herausentwickelt, die Jugendlichen haben ausprobiert und experimentiert. Nach den Präsentationen schmerzen einigen die Köpfe, aber die Gesichter sind zufrieden. Jamal ermuntert die Gruppe dazu, Feedback zu geben, drei positive und drei negative Punkte. Erstaunlich aufmerksam wird die Atmosphäre dann plötzlich. In klaren Worten lassen zwei Schüler*innen verlauten, dass sie den Tag sehr gut fanden, wie viel Spaß es gemacht hat und, dass es toll ist, dass die Bibliothek so eine Möglichkeit bietet. Bestätigende Töne und ermunterndes Kopfnicken. Kein negatives Feedback? Doch. Einer meldet sich, der sonst fröhlich rein ruft: Dass Sie uns kein Wasser angeboten haben! Ich entschuldige mich beschämt, halb lächelnd. Das Wasser stand die ganze Zeit im Raum. Dass die so aktiven, selbstbewussten Schüler*innen sich nicht einfach bedienen, habe ich nicht erwartet. Für die Heimreise, greift zu!

Ein Bericht von Evan Schneider, Bibliothekar

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