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Rezension zu „Sieben Nächte“ von Simon Strauß

Simon Strauß-Sieben Nächte

Sieben Nächte – Sieben Sünden. Ein Mann am Ende seiner Zwanziger glaubt, damit einen Weg aus der Normalität zu finden, die ein geregeltes Leben fern der 30 verspricht. Einmal möchte er sich auflehnen, rebellieren, anders sein und vor allem Emotionen spüren. „Sehnt ihr euch nicht manchmal nach wilderem Denken? Nach Ideen ohne feste Ordnung, Utopien ohne berechenbaren Sinn?“, fragt er die Leser. Ich möchte jedes Mal antworten: Ja! Muss ich dafür alle Sünden begehen?

Der Ich-Erzähler glaubt an dieses Experiment und lässt sich von einem Unbekannten zu Orten führen, an denen er ebendiese ausleben kann: Hochmut, Völlerei, Faulheit, Habgier, Neid, Wollust und Jähzorn. In sieben Nächten soll er diese Sünden begehen und am Morgen nach jeder Nacht darüber berichten. Seine Aufzeichnungen finden sich in „Sieben Nächte“ wieder. Der Leser erfährt von seinen Gedanken während er sich in einem Restaurant der Fleischeslust hingibt, auf der Trabrennbahn wettet oder zu einem Maskenball geht, bei dem die Hüllen fallen.

Bei all seinen Streifzügen und Berichten kommen seine Sehnsüchte nach einer romantischen Vergangenheit zutage in einer Welt, die digitaler, schneller und abgeklärter wird. „In einem waren wir uns immer einig: Dass die Welt, so wie sie war, mehr Zauber gebrauchen könnte.“ Zum Beispiel mithilfe einer Gruppe, zu der alle unter 30 gehören können, die Fragende sind, keine Besserwisser und „Fehler machen, Umwege gehen, Versuche wagen“. Sein weiterer Vorschlag ist es, Gedichte vor Treffen und Eröffnungen vorzutragen, um „den Geist einzustimmen auf größere Fragen, weitere Horizonte“.

Diese Ideen überzeugen mich mehr als die Sünden, die der Ich-Erzähler begeht. Ich werde beim Lesen von dem Gefühl mitgerissen, einfach loszuziehen, Grenzen zu verschieben, planlos unterwegs zu sein, meinen Gedanken nachzugehen. Es ist ein ähnliches Gefühl wie damals bei „Der Fänger im Roggen“ von J.D. Salinger oder „Unterwegs“ von Jack Kerouac, die mehrere Generationen prägten. „Sieben Nächte“ von Simon Strauß hat ebenfalls das Potential dazu!

Antje Wenzel, Bibliothekarin

Informationen zum Buch
Titel: Sieben Nächte
Autor: Simon Strauß
Verlag: Blumenbar
ISBN: 978-3-351-05041-2

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